ChatGPT lässt uns jetzt eigene Chatbots bauen – ein Vorgeschmack auf das neue Geschäftsmodell:

Das neue Update des KI-Bots ChatGPT ist technisch ein Meilenstein, wirklich wegweisend ist es jedoch eher aus einem anderen Grund:

Bisher waren wir, wenn wir GenAI-Tools genutzt haben, vor allem Creative Director oder Chefredakteur: Wir gaben den Bots Anweisungen, was sie für uns konzipieren, schreiben oder gestalten sollten. Mit dem neuen ChatGPT werden wir nun alle zu Programmierern.

Denn Open AI ermöglicht es seit dem neuesten Update Anfang November, in der Bezahlversion von ChatGPT-4, eigene Chatbots zu entwickeln, sogenannte Custom GPTs.

Gute-Nacht-Geschichte gefällig? Diese hier handelt von Jana und stammt aus unserem eigenen GPT. Unten mehr dazu

Das Besondere dabei: Programmierkenntnisse sind ausdrücklich nicht erforderlich. Im Gegenteil: Das Setup erfolgt im besten ChatGPT-Stil im Dialog mit dem Tool selbst. Man öffnet den „GPT-Builder“, einen Setup-Assistenten, und gibt in Textform alle nötigen Anweisungen ein. Das beginnt damit, wie der eigene GPT heißen soll und was seine Aufgabe ist. Dann legt man fest, welche zusätzlichen Daten er dafür nutzen darf und was einem besonders wichtig ist – etwa beim Stil von Bildern, der Tonalität oder dem Fokus bei Recherchen. Der eigene Custom GPT kann somit viel individuellere Ergebnisse liefern als die allgemeine Version von ChatGPT, weil man eigene Daten, etwa Bilder oder PDFs, hochladen und per API Zugriff auf externe Daten gewähren kann. Anschließend erstellt man, direkt im GPT-Builder, Cover-Bild und Kurzbeschreibung – fertig.

Custom GPTs sind die logische Weiterentwicklung professioneller Prompts

Der Weg zu Custom GPTs ist die logische Fortsetzung der zunehmenden Individualisierung von ChatGPT. Die im Juli eingeführten „Custom Instructions“ machten es erstmals möglich, in den Einstellungen Informationen über sich selbst und eigene Präferenzen wie Tonalität und Stil festzulegen. Dennoch musste man in jedem Prompt bisher sehr genau festlegen, was man von ChatGPT wollte. Das wird mit den Custom GPTs nun einfacher, denn de facto sind sie besonders elaborierte, mehrstufige Prompts – und sicher dürfte die Professionalisierung des Promptings in den vergangenen Monaten OpenAI auch zu diesem Schritt bewogen haben.

Denn viele Profinutzer, und auch wir bei uns in der Firma, haben inzwischen sehr detaillierte Vorlagen geschrieben, dir sie immer und immer wieder einsetzen und nur noch geringe Variationen vornehmen. Wir hatten daher bereits im Frühjahr eine gemeinsam genutzte „Prompt Bibliothek“ auf unserem Server eingerichtet. Dort liegen die meistgenutzten Prompts in einer Datenbank, für alle Kolleg:innen zugänglich, ab. Das macht die Arbeit mit dem Tool nochmals deutlich effektiver. Allerdings musste man die Prompts immer händisch ins System kopieren. Die einmalig angepasste Custom GPTs vereinfachen diesen Prozess weiter.

Unser erster GPT – „Bedtime Stories“ erzählt individuelle Gute-Nacht-Geschichten

Gemeinsam mit unserer Mutterfirma, der Kommunikationsagentur In A Nutshell, haben wir den GPT-Builder direkt getestet. Herausgekommen ist mit „Bedtime Stories“ ein Custom GPT, das sich in Sekundenschnelle moderne und individuell zu Alter und Familiensituation passende Gute-Nacht-Geschichten ausdenkt.

Cover unseres Custom GPTs „Bedtime Stories“ im GPT-Store von OpenAI
So stellt OpenAI Customs GPTs wie „Bedtime Stories“ im Store da
Kindgerechte "Bedtime Story": Hier spielen die von der KI erdachte Anka und ihre Katze Minka im fantastischen Garten
Kindgerechte „Bedtime Story“: Hier spielen die von der KI erdachte Anka und ihre Katze Minka im fantastischen Garten

Der Bot ist so programmiert, dass er erst einmal drei kurze Fragen stellt – zum Alter des Kindes, das ins Bett gehen soll, wie es heißt und was die Familie zuletzt erlebt hat. Alle Voreinstellungen (Sprache, Stil, Textlänge) sind im GPT hinterlegt. Allerdings kann sich der User, wie bei ChatGPT üblich, darüber hinwegsetzen und beispielsweise die deutschsprachige Gute-Nacht-Geschichte auch direkt ins Englische übersetzen lassen.

Man kann seine eigenen Custom GPTs laufend weiterentwickeln, zum Beispiel haben unsere Kolleg:innen „Bedtime Stories“ beigebracht, nicht nur die Geschichte zu erdenken, sondern interaktive Elemente einzubauen, am Ende auch ein passendes Bild zu erschaffen, um das Vorleseerlebnis abzurunden, und dem Kind noch einen persönlichen und zur Story passenden Gute-Nacht-Gruß mitzugeben.

Außerdem haben sie in puncto Tonalität Vorbilder definiert aus dem Bereich moderner Märchen – jeweils unterschiedliche für verschiedene Themenwelten. Wichtig bei diesem „Alignment“ der eigenen Custom GPTs dürften auch Ausschluss-Befehle werden – was also soll die KI nicht ausgehen? Um bei unserem Beispiel zu bleiben, sollte eine Gute-Nacht-Geschichten-KI auf keinen Fall Horror- oder Grusel-Inhalte erstellen, selbst dann nicht, wenn der Anwender danach verlangen sollte.

Anderer Fall: Der User sagt, das Kind, für das die Geschichte gedacht sei, sei 120 Jahre alt. Dann muss die KI ebenfalls erkennen, dass hier jemand sie veralbern oder testen möchte. Dieser Umgang mit Eingaben, die die KI korrumpieren oder aufs Glatteis führen wollen, dürfte sogar der schwierigste Part werden.

Neugierig geworden? Hier können Sie unser Geschichten-Erzähler-GPT „Bedtime Stories“ direkt in ChatGPT starten.

ChatGPT bietet weitere Anpassungsmöglichkeiten für die Entwicklung der Custom GPTs an, etwa die Verbindung zu anderen Programmen per API-Schnittstelle, allerdings braucht es hierzu IT-Kenntnisse.

GPTs leiten eine neue Stufe der Monetarisierung ein

So logisch die Entwicklung der GPTs als nächste Stufte des Promptings auch ist – wirklich wegweisend ist sie aus einem anderen Grund: Damit leitet OpenAI auch eine neue Stufe der Monetarisierung ein. Denn man soll seine individuellen Bots in einer Art Onlineshop einstellen können, so dass auch anderen Abonnenten sie nutzen können. Der Arbeitstitel bei OpenAI lautet recht schlicht „GPT Store“. Für GPTs, die häufig abgerufen werden, sollen die Ersteller von OpenAI sogar Geld erhalten.

Was nach einem netten Kreativ-Contest klingt, dürfte jedoch der Vorbote sein zu einem App-Store, wie man ihn auch von Apple oder Google kennt. Noch steckt die Idee in den Kinderschuhen und weder gibt es eine entsprechende Store-Plattform noch Informationen, wie die Bezahlung ausgestaltet sein soll. In der Web-App von ChatGPT findet sich jedoch bereits eine „Explore“-Sektion, in der die eigenen Custom GPTs gelistet sind, und solche, die OpenAI selbst entwickelt hat.

Analytics-Auswertungen, etwa, wie viele Anwender:innen den eigenen Custom GPT schon genutzt haben, bietet OpenAI nicht – ebenso wenig die Möglichkeit, wie in App-Stores, Bewertungen zu hinterlassen. Beides dürfte allerdings ein „noch nicht“ sein. In der Übersicht der GPTs werden es bereits grob überschlagene Nutzerzahlen angezeigt.

Eine Anmerkung noch aus Konzernsicht: Auch in puncto Datenschutz sollen die individuellen GPTs der offiziellen Version von ChatGPT voraus sein. OpenAI hat zumindest angekündigt, dass es Custom GPTs von Enterprise-Abonnenten nicht anzapfen wird, um das eigene Large Language Model weiterzuentwickeln. Generell ist erkennbar, dass das Unternehmen immer mehr für seine Enterprise-Kunden mitdenkt – mit Blick auf die GPTs können sie zum Beispiel bestimmen, ob eigenen Mitarbeiter auch GPTs von Dritten nutzen dürfen oder nicht. Bei unseren „Bedtime Stories“ sollte es da zumindest keine Bedenken geben …

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