
Vertrauen in KI? Deutschland und die westliche Welt ticken ganz anders als Asien
Der Eindruck besteht schon lange, nun ist er mit Zahlen belegt: Europa – und damit auch Deutschland – blickt im internationalen Vergleich eher skeptisch auf Künstliche Intelligenz. Das zeigt die neue YouGov-Umfrage „Generative Al in media report 2025“, die Länder in Europa, Nordamerika und Asien in puncto Wahrnehmung und Akzeptanz von KI verglichen hat. Interessant dabei: Nordamerikaner:innen sind ähnlich zurückhaltend, was Vertrauen in KI angeht.
Die Kurzfassung:
- Vertrauen in KI-News: In Asien messen bis zu 70 % der Nutzenden Nachrichten, die GenAI verfasst hat, dasselbe Vertrauen zu wie Texten menschlicher Autor:innen – in Deutschland sind es nur 36 %.
- Zukunftserwartung: Fast vier von zehn Deutschen blicken skeptisch auf die Rolle von KI in zehn Jahren, in Asien liegt dieser Wert meist bei nur 10 bis 20 %.
- Interaktion mit KI-Influencern: Während 15 % der Deutschen offen wären für den Austausch mit virtuellen Avataren, zeigen in Asien im Schnitt fast jede:r zweite Neugier daran.
Blickt man genauer auf die Zahlen, sind vor allem vier Bereiche interessant:
1. Vertrauen in KI-generierte Nachrichten
Nur gut ein Drittel der Deutschen (36 %) vertrauen KI-News mindestens so sehr wie menschlich erstellten Inhalten. In den USA sind es mit 22 % sogar noch weniger – was überraschen mag angesichts der großen Popularität der führenden KI-Unternehmen, die ja fast alle aus den Vereinigten Staate kommen.
Asien hingegen liegt diese Zustimmung im Schnitt bei rund 65 bis 70 %, also fast doppelt so hoch. Eine mögliche Erklärung: In vielen asiatischen Ländern ist algorithmisch kuratierter Content schon lange fester Bestandteil der Medienkultur, was eine höhere Grundakzeptanz schafft. Europa und die USA – mit stärkerer Tradition journalistischer Qualitätskontrolle – sind sensibler für Manipulationsrisiken.
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2. Erwartung an die KI-Zukunft
Knapp vier von zehn Deutschen (37 %) sehen den zunehmenden Einsatz von KI in zehn Jahren eher mit Sorge. In den meisten europäischen Ländern und den USA sind die Werte ähnlich, in Asien fällt dieser Pessimismus mit 10 bis 20 % hingegen deutlich geringer aus. Auch hier lohnt ein Blick auf mögliche Gründe: Zum einen ist die Bevölkerung im Durchschnitt in Asien vielerorts deutlich jünger.
Zum anderen sind Teile Asiens – zumindest die höher entwickelten – uns im Bereich der „Alltagstechnologie“ weit voraus. Dies gilt bspw. für Mobile Payment oder Location Based Solutions. Beides kann eine experimentelle Haltung und hohe Technikaffinität unterstützen. In Deutschland und Westeuropa hingegen dominiert eine ausgeprägte Risiko- und Sicherheitswahrnehmung, die zu zurückhaltenderen Prognosen führt.
3. Interaktion mit KI-Influencern
Nur jede siebte Person in Deutschen würde Inhalte von virtuellen Persönlichkeiten wie KI-Avataren aktiv konsumieren. Während in den USA die Werte sogar noch etwas geringer sind, bekundet in Asien durchschnittlich fast jede:r zweite Interesse daran. Auch hier spielt sicherlich wieder die Tech-Sozialisierung eine Rolle, verbunden damit, dass es in Asien bereits eine viel längere Tradition virtueller Influencer gibt. Kunstfiguren wie „Luo Tianyi“ oder „Ayayi“ waren dort schon Stars, lange bevor GenAI weltweit populär wurde.
4. Wunsch nach Regulierung
Europa hat in den vergangenen Jahren intensiv über Datenschutz und Ethik intensiv debattiert (z. B. DSGVO, AI Act). Dass unser Kontinent daher „vorne“ läge, wenn es um den Wunsch nach KI-Regulierung ginge, war zu erwarten. Überraschend ist zweierlei:
- dass in den USA, wo Donald Trump bestehende Regulierungen eher zurücknimmt, der Ruf nach mehr Kontrolle für KI sogar noch etwas lauter ist
- dass hier der Unterschied zu Asien recht moderat ist: 61 % der Deutschen (europäischer Schnitt 62 %) fordern laut der Studie strengere KI-Gesetze, in Asien liegt der Wert, je nach Land, zwischen 50 und 55 %.
Und in einem Bereich der Regulierung sind die Menschen aus allen drei Weltregionen sogar ziemlich einer Meinung: beim Thema Transparenz. Unabhängig vom Kontinent fordern rund 80 % aller Befragten eine klare Kennzeichnung von KI-generierten Inhalten – eine Vorgabe, die laut AI-Act zumindest in der EU ab 2026 gelten soll.
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Fazit: Was wir aus der Studie für die Arbeit mit GenAI lernen können
Kontrolle und Risikoabwägung auf der einen (westlichen) vs. Aufbruchsstimmung und Experimentierfreude auf der anderen (asiatischen) Seite. Die YouGov-Studie zeigt, wie groß die Diskrepanzen in der Wahrnehmung von Generativer KI im Alltag sind.
Der naheliegende Reflex, dass Asien uns Bedenkenträgern aus dem Westen eben voraus sei, ist jedoch zu pauschal: Vertrauen in algorithmisch kuratierte Formate und Inhalte sowie virtuelle Influencer kann auch riskant sein – nämlich dann, wenn es an KI-Kompetenz und Bewusstsein für Manipulations- und Bias-Risiken fehlt. Der Grat zwischen sympathischem KI-Influencer und propagandistischem Deepfake ist leider sehr schmal, genauso jener zwischen hilfreicher Chatbot-Antwort und unerkannter Halluzination.
Die Studienergebnisse sollten Entscheider:innen in Unternehmen dennoch nachdenklich stimmen: Offenheit gegenüber den neuen Technologien in der täglichen Arbeit ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für Firmen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Etwas mehr asiatische Experimentierfreude würde es vielen Unternehmen hier sicherlich leichter machen.
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Bildquelle: Midjourney/disruptive